KiKA verharmlost Zwangsbeschneidung von Minderjährigen

Trotz anhaltender Proteste beharrt der KinderKanal (KiKA) von ARD und ZDF auf der Ausstrahlung einer Sendung, in der die religiös motivierte Beschneidung von Minderjährigen verharmlost und sogar romantisiert werden soll. Die Sendung heißt „Tahsins Beschneidungsfest“ und wird von 13:30 bis 13:55 (Sendereihe „Schau in meine Welt!“) am 19.01.2014 gezeigt.

Allein schon die Inhaltsbeschreibung lässt bereits das Schlimmste ahnen:
Bald ist es so weit! Aufgeregt und voller Vorfreude blickt der elfjährige Tahsin auf das kommende Ereignis, das ihn und seinen kleinen Bruder Emir endlich zu Männern machen soll: Die Beschneidung.
„Wenn ich beschnitten bin, dann bin ich ein echter Mann“, - freut sich Tahsin. Jeder muslimische Junge muss beschnitten werden, so verlangt es die religiöse Tradition. Häufig geschieht das im Alter von bis zu drei Jahren. Doch Tahsins Vater wollte, dass seine Söhne diesen Schritt im Leben bewusst miterleben. Und trotz aller Ängste vor dem Eingriff und vor allem vor der Betäubungsspritze, fiebert Tahsin diesem Tag entgegen.
Nach der Sendung gibt es ab 14 Uhr die Möglichkeit, in der mein!KiKA Community über den Inhalt der Sendung mit einer Religionswissenschaftlerin und einer KiKA-Redakteurin zu chatten; offensichtlich passten jedoch weder eine Kinderärztin noch eine Verfassungsrechtlerin ins vorgesehene Chat-Schema.

Vorhautamputationen an Minderjährigen ohne medizinischen Grund gelten zurecht als schwerer Verstoß gegen das Grundrecht des Kindes auf körperliche Unversehrtheit. Zwar findet die in der KiKA-Sendung gezeigte Beschneidung in einer in der Türkei ansäßigen Roma-Gemeinde statt, jedoch sind Grundrechte niemals kulturell relativierbar. Manchmal kann es aber relativ lange dauern, bis solche Rechte nicht nur eindeutig formuliert, sondern auch richtig interpretiert und konsequent umgesetzt werden können.

Seit der Feststellung durch das Landgericht Köln im Jahr 2012, dass in Deutschland eine Beschneidung ohne medizinischen Grund eine strafbare Körperverletzung darstellt, ist leider nicht viel passiert. Ein von der ehemaligen Justizministerin schnell zusammengeschustertes Gesetz mit dem Zweck, religiös motivierte Beschneidungen (… wohlgemerkt: nur an Jungen ...) explizit zuzulassen, wird in absehbarer Zeit mit fast an Sicherheit grenzender Wahrscheinlicht vom Bundesverfassungsgericht gekippt. Statt die bis dahin noch verbleibende Zeit zu nutzen, um einen ernsthaften Dialog mit den beiden betroffenen Religionsgemeinschaften (Juden und Muslimen) zu beginnen, versucht der deutsche Staat einfach dem Problem aus dem Weg zu gehen.

Die von den Religionsgemeinschaften aufgetischten Argumente für die religiös motivierte (Zwangs-) Beschneidung von Jungen lassen sich auf lediglich drei sehr schwache reduzieren:
„Ist doch eine Bagatelle; haben wir doch schon immer gemacht; wer uns kritisiert, ist ein Rassist“. 
Das ist die traurige Ausgangsposition von einer der beiden Seiten in einer gesellschaftlichen Debatte, die dringend geführt werden muss. Diese Debatte wird keineswegs einfach sein, weil es sich dabei um ein religiöses Symbol handelt, um die Verbindung also zwischern äußerer Form (Beschneidung) und innerer Bedeutung (Zugehörigkeit) eines Rituals. Auf der Ebene der inneren Bedeutung angesiedelt ist das Recht der Eltern auf freie Ausübung ihrer eigenen Religion; auf der Ebene der äußeren Form liegt das entgegengesetzte Recht des Kindes auf körperliche Unversehrtheit. Um wieder mit dem moralischen Zeitgeist konform zu sein, müssen die Religionsgemeinschaften eine andere äußere Form für ihre Zugehörigkeitsrituale erfinden. Dies wird sie aber Zeit und Mühe kosten.

Die Aufgabe des Staates und daher auch der öffentlich-rechtlichen Rundfunksender sollte bei dieser Angelegenheit darin bestehen, Aufklärung zu betreiben. Der KiKA hat sich jedoch für Verharmlosung und daher letztendlich für Verklärung entschieden.  Und das auf Kosten der Gebührenzahler.

Wer seine Einwände direkt an den KiKA kommunizieren möchte, kann dies hier tun.

Auch ein Blick auf die Website des Vereins „intaktiv e.V.“ könnte sich lohnen. /rs